Mit der Oper Falstaff bringt das Tiroler Landestheater Giuseppe Verdis geniales Alterswerk auf die Bühne. Johannes Maria Wimmer gibt in der Titelpartie sein Rollendebüt.
Eigentlich hatte sich Giuseppe Verdi als Opernkomponist bereits zur Ruhe gesetzt. Schon nach der Uraufführung der Aida im Jahr 1871 hatte er beschlossen, keine weiteren Opern mehr zu schreiben. Doch nach einer Pause von 16 Jahren folgte Otello auf ein Libretto des fast 30 Jahre jüngeren Arrigo Boito. Und noch einmal sollte sich Verdi von Boito und Shakespeare verführen lassen – und zwar mit einem Komödienstoff. In einem Brief an Verdi von 1889 schreibt Boito:
«Es gibt nur einen Weg, noch besser Schluss zu
machen als mit Otello, nämlich siegreich mit Falstaff’ zu enden.
Nachdem Sie alle Schreie und Klagen des Menschenherzens
ertönen ließen, mit einem Ausbruch von
Heiterkeit abzuschließen.»
Arrigo Boito, Librettist
Verdi ließ sich überzeugen, und es gelang ihm im Alter von fast 80 Jahren noch einmal ein sensationeller Erfolg.
Nur auf den ersten Blick ist die Figur des Sir John Falstaff, die Verdi und Boito aus Shakespeares Komödie Die lustigen Weiber von Windsor und aus dessen Drama Henry IV. herausdestillierten, ein bloßer alter, verfetteter Säufer, ein aus der Zeit gefallener Ritter.
Falstaff ist mehr! Er ist eine Urkraft, ein Freigeist, ein Verführer und ein Gegenentwurf zur spießigen Bürgerlichkeit, die ihn umgibt. Ganz ungezwungen hält er den braven Bürger:innen Windsors den Spiegel vor und entzündet Leidenschaften in ihnen, die verdorrt und verschüttet waren. Dabei ist er sich seiner Kraft durchaus bewusst:
«Diese Sorte von Duzendmenschen mag
über mich lachen und auch noch stolz darauf sein.
Doch ohne mich fehlte es ihr an jedem Körnchen Salz.»
Sir John Falstaff
Falstaff ist das Salz in der Suppe einer erstarrten Gesellschaft, die er wieder in Wallung bringt. Und dafür muss er viel einstecken, wird er doch für seinen Versuch, zwei gut betuchte Ehefrauen gleichzeitig zu verführen, schwer bestraft.
Zunächst landet er in einem Wäschekorb in der Themse, später gerät er zur Geisterstunde in einen höllengleichen Hinterhalt, in dem er von den maskierten Bürger:innen Windsors, die sich an ihm rächen wollen, gepeinigt und malträtiert wird. Aber er wäre nicht Falstaff, wüsste er sich am Schluss nicht endgültig aus allen moralischen Zwängen zu befreien: «Tutto nel mondo è burla» («Alles auf Erden ist ein Spaß»), singt er und lädt alle anderen Beteiligten der Komödie zur berühmt gewordenen Schlussfuge.
Mit Johannes Maria Wimmer übernimmt ein langjähriges Ensemblemitglied des TLT die Titelpartie: Er feiert damit sein Rollendebüt. Der Regisseur Tobias Ribitzki inszeniert erstmals in Innsbruck.